Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
296 strahlung der grossmäuligen Haudegen des Vorabends war nichts mehr zu bemerken. Das änderte sich schnell. Mit ein paar Hand voll kaltem Wasser im Gesicht wurden die Blicke wieder klar, und in Marschforma- tion, mit angelegten Panzern und umgeschnallten Schwertern, war die Bedrohlichkeit der Habsburger Streitmacht schnell wie- der hergestellt. Bruder Martin umrundete das Heer Leopolds gemessenen Schrittes und hoch erhobenen Hauptes, mit einem Eimer in der linken und einer grossen Bürste in der rechten Hand. Nach je- dem zwölften Schritt blieb er stehen, um das Kriegsvolk mit Weihwasser zu besprengen. In seiner Ansprache war es um Kö- nig, Ruhm und Vaterland gegangen, doch kaum jemand achtete auf seine Worte. Nur unter den Männern, über die sein feuchter Segen gerade kam, wurde es für einen Augenblick still. „Mich macht dieser Pfaffe krank!“, knurrte ein Landsknecht mürrisch, kaum, dass er sich bekreuzigt hatte. Fast unmerklich reckte der Mönch seinen Kopf noch etwas hö- her und tat im Weitergehen so, als habe er nichts gehört. „Von diesem Gerede wird mir übel!“, zischte ein anderer, und bekam den Ellbogen des Nachbarn in die Rippen. „Dein Lästern wird dich noch in die Hölle bringen, und uns an- dere kostet es den Segen. Falte deine Hände, du Ketzer, und tu Abbitte!“ Um ein Haar wäre ein Handgemenge entstanden, hätte der König sein Schlachtross nicht ein paar Pferdelängen nach vorn getrieben. „Männer!“ Leopold war ohnedies von imposanter Gestalt, und der Glanz der Morgensonne verlieh seiner goldenen Rüstung ei- ne erhabene Aura. „Ritter, Knappen, Söldner, Schlachttrupp!“ Der König warf sei- nen Kopf in den Nacken. „Heute wird ein Held aus dir oder ein Wurm im Totenreich. Du wirst herrschen über die Waldstätter
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