Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

295 Nein, ein gleichmässiges Murmeln von Gebeten und ernsten Gesprächen erzeugte eine dramatische, beinahe feierliche Stim- mung. Arnolds Ansprache über die Grösse Gottes hatte neuen Mut in einer beinahe hoffnungslos unterlegenen Truppe bewirkt, wie es sich Petermann bis zu diesem Zeitpunkt niemals hätte vorstellen können. Keiner von ihnen sah mehr auf die erbärmliche Kriegsausrüstung, die Holzhacken, Mistgabeln und Dreschflegel oder auf die fehlenden Rüstungen und die wenigen Schwerter. Die Angst wich einer beständig wachsenden Erwartung, dass ihr treuer himmlischer Vater sie nie und nimmer diesem „hab- und ländergierigen“ Leopold ausliefern würde, der ihnen Boden, Land und Freiheit rauben wollte. Allen war das Wichtigste wie- der neu ins Bewusstsein gerückt, dass Gott ein Gott der Unter- drückten und Schwachen ist. Der Mut der Verzweiflung wich einer getrosten Zuversicht, ei- nem fest gegründeten Gottvertrauen. Sie wollten alles geben, für diejenigen, die weiterleben und eine freie, starke Eidgenos- senschaft aufbauen konnten. „Auf nach Sempach, auf nach Sempach!“ Von allen vier Enden der Zeltstadt wurden die Männer Leopolds aus dem Tiefschlaf gerissen. „Auf nach Sempach, heute prügeln wir die Schwyzer Hunde!“ „Du schaust jetzt schon aus wie ein geprügelter Hund“, flachste ein bayerischer Söldner über seinen Zeltgenossen. Nicht nur dieser blinzelte stöhnend, mit verklebten Augen und schmer- zendem Kopf. Er hatte wohl gestern etwas zu viel von dem süs- sen Met erwischt. Sie starrten in die ersten Strahlen der Sonne hinter dem östlichen Horizont. Von der Furcht erregenden Aus-

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