Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
294 gespreizten Schritten vor den König, einen viel zu grossen Sack auf der Schulter. Sein Herr zog die Augenbrauen zusammen: „Oh, das ist kein gu- tes Zeichen. Will uns Närrchen auch noch belehren?“ Er schob sich gelangweilt einen Leckerbissen in den Mund. Gespannt beobachtete Leopolds gesamter Hofstaat die seltsame Aufwartung des Hofnarrs, genauso wie mehrere Hundert Ritter und Söldner auf dem grossen Platz des Zeltdorfes. Pankraz schob seine dreizipfelige Narrenkappe in den Nacken und stapfte mit den gleichen ungelenken Schritten zu einem Pferdekarren neben dem Pavillon. Mit gekünstelter, bedeu- tungsvoller Miene kletterte er samt seinem unförmigen Jutesack hinauf, öffnete ihn und schüttete den Inhalt auf den Erdboden, di- rekt vor Leopolds Füsse: lauter Totenschädel. Ein Raunen ging durch die Menge der Beobachter. Einige Schä- del zersprangen beim Aufprall. Pankraz schlich seltsam bedroh- lich um den König herum: „Mein Herr, zieht nicht gegen die Eidgenossen! So wie die meisten Schädel zersprangen, werden nur wenige von euch heil aus der Schlacht zurückkehren!“ Doch alle lachten ihn aus. Ganz anders war die Stimmung im Lager Petermanns von Gun- doldingen, des eidgenössischen Feldherrn, wo man sich in ange- spannter Atmosphäre mit Brot und Käse stärkte, statt mit dem Fleisch von Ochsen, Ferkeln und Kapaunen. Bei den Habsbur- gern flossen Met und Wein in Strömen, hier gab es Wasser aus Feldflaschen und Schläuchen, und kein lautes Wort, weder Grö- len noch Jauchzen waren zu hören.
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