Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
293 Über den Feuerstellen brutzelten Ferkel, Ochsenkeulen und Brathühner. Der Saft der gebratenen Köstlichkeiten troff in die Gluten und brachte das Feuer zum Zischen. Zu fortgeschrittener Stunde kam vom südlichen Rand des Zelt- lagers ein Rumoren. Hans-Ulrich von Hasenburg war mit seinen Männern eingetroffen, der Befehlshaber von Leopolds Vorhut. Wenige Schritte vor Leopolds Thron wurde er so unsanft auf- gehalten, dass sich alle Blicke aus dem Pavillon auf ihn richteten. „Edler König, Freiherr Hans-Ulrich von Hasenburg wünscht Euch zu sprechen.“ Karl von Gottmadingen, der Hofmarschall, sprang für die verblüfften Diener ein. Der König winkte herablassend. Hasenburg stürzte vor ihm auf die Knie: „Mein Herr, kehrt um nach Sursee, Euer Plan ist verra- ten. Die Bauern liegen nicht in Zürich, wie Ihr glaubtet, sondern zu Hunderten oder gar zu Tausenden in den Wäldern oberhalb von Sempach. Sie sind bewaffnet mit Halbarten, Morgensternen und Schwertern. Auch Armbrustschützen und Männer mit Mord- äxten sind dabei. Dazu hat es überall Gräben und Buschwerk. Das ist kein Platz für Ritter mit scheuen Rossen. Wir würden hier alle zugrunde gehen.“ „Dann kämpfen wir eben zu Fuss. Ich lasse die Herrschaften von den Pferden absteigen.“ Auch Leopold klang jetzt leicht ange- trunken. Johann von Ochsenstein setzte noch eins oben drauf, verlachte den besorgten Warner: „Oh, Hasenburg, ihr habt ein Hasen- herz …“, und zu Leopold hingewandt prahlte er: „Diese Bauern werden wir Euch noch vor der Nacht gesotten und gebraten aus- liefern.“ Ritter Hasenburg war sichtlich tief gekränkt: „Noch heute wird man sehen, wer von uns beiden der Feigere ist!“ Pankraz, Leopolds schmächtiger Hofnarr, war bei den schlech- ten Neuigkeiten sehr unruhig geworden und stakste mit komisch
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