Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
280 „Du, guter Freund“, meinte Konrad, „so reich wie du möchte ich auch mal werden. Donnerwetter! Mit deinem dicken Geld- beutel würde ich mir ein ganzes Paradies kaufen!“ Der Freigebige zog den vermeintlichen Bettler ganz nah zu sich heran und flüsterte ihm ins Ohr: „Gut hab ich’s gemacht! Psst … In der Judengasse, und als der Krummnas … rülps … einem Bäuerlein wechselte … schwupp- di-wupp … und gar nichts hat er gemerkt!“ Triumphierend klopfte er Konrad auf die Schultern. Sie began- nen laut zu lachen und stiessen aufs Neue mit ihm an. Der Statthalter zwinkerte mit den Augen zum anderen Tisch hinüber und gab den zwei Stadtknechten das Zeichen zu kommen. Diese standen auf und packten den Freigebigen: „Im Namen des Gesetzes kommen wir, euch in das Rathaus mitzunehmen. Der Richter muss euch dort etwas fragen.“ „Nein, nein, aber … Aber ich muss jetzt ins Nachbardorf, einen Stall besorgen!“, versuchte sich der Dieb zu befreien. „Oh nein, da gibt’s kein Entrinnen.“ Die Stadtknechte banden den Mann und führten ihn aus der Weinstube. Sein anfänglich lautes Zetern wurde leiser und leiser. Ganz selbstzufrieden lächelte Konrad Winkelried an. Beide zogen die Kapuzen wieder von ihren Köpfen herunter. „Jetzt habe ich aber etwas von dir gelernt!“ Arnold zwinkerte, und beide lachten herzlich. In der Zwischenzeit war es Abend geworden. „Es war ein herrlicher und lehrreicher Tag. Kommst du wieder einmal zu mir?“, bat Konrad. „Ich könnte mir vorstellen, dass das eine Weile dauert, bei der ständigen Vermehrung der eidgenössischen Orte. Du wolltest mir doch noch deine Familie vorstellen und mir das Nachtlager zeigen. Danach muss ich aber schlafen. Ich möchte mir morgen in aller Frühe Zeit für Gott nehmen und gleich danach wieder heim zu meiner Familie. Der Morgen fängt doch am Abend an!“
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