Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
263 und einem inneren Drang folgend gab ich ihm gleich das Dop- pelte und dazu noch meine Halskette, das letzte Andenken an meine Mutter.“ „Ohhhh!“ – Ein Raunen ging durch die Runde. „Der Zöllner schaute mir verdutzt ins Gesicht und fragte ver- wundert, was das denn solle.“ „Jetzt kommt’s“, sagte Amslin zwischen zwei Bissen. Alle lauschten gespannt. „Ich sagte ihm, dass es zwei Gründe gäbe. Wenn ich gestorben wäre, könne ich das alles nicht mitnehmen und mein Geld im Beutel würde mir da auch nicht weiterhelfen.“ Amslin nickte zustimmend. Arnold legte seine Hand auf die Brust: „Vor Gott würden nur das gute Gewissen und der Herzensfriede zählen. Zum Zweiten wollte ich den armen und betrogenen Menschen helfen.“ „Und wie hat der Zöllner darauf reagiert?“ fragte Arthur. „Jetzt lass Vater mal in Ruhe weitererzählen und sprich nicht immer drein!“, wies Agnes unter Zustimmung der anderen Schwestern ihren jüngeren Bruder zurecht. Arnold sah seinen Sohn halb amüsiert, halb ernst an und fuhr fort: „Der Zöllner, der mir aufmerksam zuhörte, fragte mich, weshalb ich denn nicht den Armen mein Geld und meine Kette geben würde. Ich erwiderte ihm, dass das doch nur wie ein Tropfen auf den heissen Stein wäre. Ich wolle ihren Schmerz von Grund auf ken- nenlernen, bis ich die tiefere Lösung aus Gott gefunden hätte. Und beim Weitergehen doppelte ich nach, dass wir doch Mor- gen einander erzählen sollten, wer von uns besser geschlafen ha- be. Wer von uns beiden durch diese Begegnung glücklicher ge- worden sei.“ „Welche Weisheit!“ Konrad war begeistert. „Ich bin gespannt, was der Zöllner morgen für eine Antwort gibt.“
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