Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

257 „Allzu lange haben wir uns an Männern orientiert, die im Grunde genommen viel zu sagen, aber nur weniges praktisch vorzuweisen hatten. Wir wollen es als Eidgenossen endlich dahin bringen, dass wir nur noch von denen lernen und profitieren, die zuerst auch praktisch bewiesen haben, dass sie etwas können. Arnold Winkelried hat es in kurzer Zeit dahin gebracht, dass es in seiner Stadt keinerlei Straftaten, keine Zwangssteuern, keine Eheschei- dungen oder sonstige Quälereien mehr gibt.“ Anerkennendes, teils erstauntes Raunen ging durch die versam- melte Schar. „Wer es nicht glaubt, kann sich vor Ort selber da- von überzeugen. Natürlich lassen wir diesen Segen nicht unge- nutzt an uns vorbeigehen. Deshalb haben wir unseren Arnold Winkelried zum Leihstatthalter berufen. Das heisst, man kann ihn ausleihen. Allerdings nur für einen Tag. Jeder Statthalter darf ihn ein Mal für einen Tag zu sich in die Stadt holen.“ Applaus liess den Redner einen Moment innehalten. Die Män- ner waren begeistert. „Er wird seine erreichten Massstäbe an euch anlegen. Er wird euch sagen, was ihr verkehrt macht, und euch zeigen, wie ihr es besser machen könnt, so ihr das wollt. Doch eine Bitte! Bean- sprucht ihn nicht länger als einen Tag. Seine liebe Frau – ihr kennt die Geschichte - und seine Kinder sollten ihn nicht länger als einen Tag die Woche entbehren müssen. Nutzt also die Zeit.“ Walter Stauffacher wandte sich an Arnold Winkelried: „Dich, Bruder Winkelried, frage ich jetzt ganz offen: Was ist dein Ge- heimnis?“ Feierliche Stille legte sich auf die Versammlung der Eidgenossen. Arnold trat vor: „Hier gibt es kein Geheimnis, Brüder. Wir sind nur als ganze Stadt zurückgekehrt zu unseren Bundesgrundla- gen. Es täte uns gut, sie auswendig zu lernen.“ Die Männer nick- ten ehrfürchtig. Es war ihnen abzuspüren, dass die Worte ihr Innerstes berührten. Arnold hob seine Hand zum Bundesschwur in die Luft. Feierlich taten es ihm die Männer gleich.

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