Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
242 stöhnte wohlig beim Trinken, und dabei liess Anneli ihren Blick von der Tafelrunde über das herrliche Panorama bis hinunter zum silberglänzenden See schweifen. Arnold setzte sich neben seine Frau und streichelte ihr sanft den Rücken. Nie hatte er sich reicher beschenkt und glücklicher ge- fühlt. Das Grauen, der Hass und die Verzweiflung der Kloster- jahre waren von dem Paar abgefallen. Die Hölle auf Erden hatte dem Himmel weichen müssen, den sie unter dieser Herrschaft Gottes gemeinsam erlebten. Was für ein Wunder, welche Gnade, was für ein Triumph! Anneli tastete nach der Rechten ihres Mannes und verschränkte ihre Finger mit den seinen. Bethli lehnte nun mit der Brust an der Schulter ihrer Mutter und schaute dem davonschwebenden Bussardpaar über der Baumgruppe nach. Zwei Männer sassen noch an der Tafel, die übrige Gesellschaft hatte sich schon auf der Wiese verteilt. Pirmin glaubte einen Zug von Wehmut um Danys Augen zu entdecken, der dem Paar schon eine Weile zusah. „Sag an, Rittersohn, hast du nicht auch schon daran gedacht, eine der vielen Jungfern aus Uri, Schwyz oder Nidwalden zu freien? Oder hast du dein Herz in Augsburg verloren, als du Ludwig dem Bayern dientest?“ Dany seufzte. „Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, Pirmin. Hildegard, die Tochter von Rudolf, hatte mir den Kopf ver- dreht. Es war sofort um mich geschehen, als ich sie zum ersten Mal bei Hofe sah. So wunderschön, mit braunen Augen und schwarzen Haaren, so habe ich mir immer Isaaks Frau Rebekka vorgestellt. Doch Rudolf ist einer von Ludwigs selbstsüchtigen Vasallen, und du weisst ja, um welcher Umstände willen ich Augsburg verlassen musste.“
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