Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

235 Maria-Magdalena brannte darauf, von Anneli zu hören, und Heini hatte seinen ehemaligen Hauptmann schon drei Jahre nicht mehr in die Arme geschlossen. Darum wurden die beiden Gäste nach der überschwänglichen Begrüssung sofort zu Tisch gebeten. Maria-Magdalena hatte die Stube mit den beiden ältesten Töch- tern spiegelblank geputzt, und die Kupfertöpfe und Kessel hin- gen blitzend von der Decke über dem Kamin. Eltern und Kinder hatten frische, leinene Sonntagskleider an. Das ganze Zimmer und auch der Esstisch waren liebevoll mit Blüten dekoriert, die die kleineren Geschwister eine Stunde vorher gepflückt hatten. Heini hatte eine bemerkenswerte künstlerische Begabung. Dar- um waren die Sitzbänke aus Fichtenholz und der lange Eichen- tisch reich mit Blumenschnitzereien verziert. An der Decke hing ein vierarmiger, geschnitzter Leuchter mit zwölf Kerzen, und in den Ecken des Raumes standen auf kleinen Simsen vier weitere Leuchter, deren Kerzen allesamt ein anheimelndes Licht in der Stube verbreiteten. Maria-Magdalena teilte die Gerstensuppe aus. Heini dankte und brach das frische Brot, und augenblicklich begann im Kreis der Kaufmannsfamilie ein fröhliches Erzählen, Schlürfen und Löffel- klappern. Während des Abendessens blieb Dany ungewohnt einsilbig. Ihm ging das Gespräch durch den Kopf, das sie während der ersten Stunden ihres Rittes gehabt hatten. Immer wieder hörte er Ar- nolds Worte: „Du kannst das Leben spüren, wie es zunimmt und abnimmt, aber es ist nicht so, wie wenn du irdische Freude, Liebe, Angst, Wut oder Schmerz spürst. Das Leben, von dem ich rede, ist viel eher eine übernatürliche Kraft. Wenn es an- schwillt, fühlst du einen übernatürlichen Frieden, wie Menschen ihn nicht machen können. Dann steigt eine göttliche Freude und Kraft in dir hoch. Wenn dieses Leben zurückweicht, spürst du sofort eine Unruhe, obwohl dir von den äusseren Umständen her vielleicht alles vollkommen in Ordnung scheint.“

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