Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
233 „Unser Herr vergleicht das mit der Wirkung von Sauerteig. Wer sich dem nicht entzieht, der wird davon angesteckt.“ Nun hatte auch Arnold eine senkrechte Falte zwischen den Augenbrauen. Er musste daran denken, wie er selber in den vergangenen drei Jahren gegen Misstrauen und gegen engstirniges und heuchleri- sches Denken zu kämpfen hatte. Ein Stöhnen aus Danys Brust riss ihn aus seinen Gedanken. „Be- vor er mich entliess, sagte er noch: ,Ein einzig Volk von Brü- dern ’ wird es erst im Himmel geben. Ich bereue nun, dass ich eurer Eidgenössischen Schwärmerei aufgesessen bin. Ihr meint es zwar gut, aber ihr seid auch nicht besser als wir.“ Eine Zeitlang ritten die beiden Männer schweigend der unterge- henden Sonne entgegen. Die Türme von St. Margarethen ragten in die gelb-rote Scheibe. Dort würden sie Quartier nehmen, bei Freunden der Familie Winkelried, die schon auf sie warteten. Die sechs Sprösslinge hatten sie auf den Heuboden umquartiert, die Kinderkammer war für die Besucher hergerichtet. Während sie sich einem Ochsenfuhrwerk näherten, das auf ihrer Strasse der Stadt zustrebte, konnten sie sehen, wie von allen Sei- ten Dutzende von Fussgängern, Fuhrwerken und Reitern her- beikamen. In nicht einmal einer halben Stunde würden die Tore geschlossen sein. „Bitte erzähl mir noch mehr von der Neuheit des Lebens, die du entdeckt hast. Mir schwant, ich hätte dem Kaiser ein besserer Berater sein können, wenn ich dieses Leben vorher gekannt hät- te. Im letzten halben Jahr wurden die Gespräche mit Ludwig auf der einen Seite immer weniger und auf der anderen immer mehr zur Qual. Ich wusste, dass ich recht hatte, aber ich konnte ihn schliesslich nicht mehr erreichen.“ Arnold seufzte. Er wusste genau, wovon Dany sprach. „Weisst du, auch wenn du das göttliche Leben kennst und in dir hast, von dem ich zeuge, nutzt dir das Rechthaben nichts. Das Leben
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