Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
225 Annelis weit geöffnete Augen liessen ihn ihre Gedanken erraten: „Du siehst dich wohl schon von zwanzig kleinen Kindern umge- ben, die alle gleichzeitig ‚ Mama ’ rufen. Vergiss dabei aber nicht, dass die kleinen Kinder auch einmal grösser werden und immer mehr mithelfen können. Und … bin ich nicht auch da, um dich tatkräftig zu unterstützen?“ Beim Anblick seines spitzbübischen Gesichtes hatte sie laut lachen müssen. Ja, sie wollte vertrauen und hatte dies bis heute nicht bereut. Jedes ihrer sechs Kinder war ein grosses Geschenk, das sie nicht missen wollte. Da war Agnes, die Erstgeborene. Sie war die grösste Stütze von Anneli und half überall im Haushalt fleissig mit. Kochen war ihr Spezialgebiet, und ihr Griessbrei war bei allen sehr beliebt. Judith, die knapp zwei Jahre später zur Welt kam, kümmerte sich vorbildlich um die kleineren Geschwister. Unermüdlich konnte sie Geschichten erzählen oder mit ihnen zusammen im nahen Bach Staudämme bauen. Sie verstand es auch wie keine Zweite, die Kleineren zu belehren und ihnen zu erklären, wes- halb Mama etwas verboten hatte. Käthi war das drittälteste Mädchen. Ohne sie wäre der Garten nicht in einem so guten Zustand! Schon als kleines Kind hielt sie sich am liebsten dort auf und hatte mit Eifer das Unkraut ausge- rupft. Der selbst gepflanzte Johannisbeerstrauch war ihr ganzer Stolz. Sogar Holzhacken bereitete ihr Spass. „An dir ist ein Junge verlorengegangen“, pflegte Arnold jeweils zu sagen, wenn er sie mit Sense und Hacke hantieren sah. Arthur war ein waschechter Junge. Keiner polterte auf diese Weise die Treppe herunter. Er war Arnolds ständiger Begleiter und meinte oft: „Ja, wir Männer müssen doch zusammenhalten!“ Für sein Zimmer hatte er selber ein kleines Schränkchen gezim- mert, in dem er seine Schätze verstecken konnte. Wehe, wenn
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