Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
223 ihn innig, und Anneli hatte sich hin und wieder gefragt, weshalb er noch keine Frau gefunden hatte … Eine Welle der Dankbarkeit durchströmte Annelis Herz. Ihre Gedanken wanderten zurück zu jenen Tagen, da Arnold sie aus dem Turm befreit und dabei seinen geliebten Ordensvater um- gebracht hatte. Sein Gesicht war damals von Hass und Bitterkeit gezeichnet gewesen. Jetzt aber strahlte Arnold eine fast uner- schütterliche Gelassenheit und Liebe aus, die Festigkeit eines Menschen, der in Gottes Allmacht zur Ruhe gekommen war. Trauer hatte ihre erste gemeinsame Zeit gekennzeichnet, auch viel Fragen und Ringen, infolge all des Geschehenen. Sie wollten gemeinsam in der Nähe Gottes bleiben. Arnolds Entschlossenheit, Jesus zu dienen und diesen Weg der Gewaltlosigkeit und des Hörens auf die Stimme des Höchsten kompromisslos zu gehen, hatten ihr immer wieder Mut gegeben. Arnold schien schon vor ihrer Heirat jede Gemütsbewegung seiner jungen Verlobten zu spüren. Ein kurzer Blick in ihre Augen hatte ihm genügt, um zu wissen, was sich in ihrem Herzen abspielte. Wie oft hatte sie ihre Trauer und Bitterkeit verbergen wollen und sich gewünscht, dass sie reden und Arnold gegenüber aus- drücken könnte, was sie im Innersten bewegte. Mit Händen und Füssen oder holprigen Buchstaben musste sie sich stattdessen verständlich machen. Jedes Mal, wenn sie daran dachte, weshalb sie zum Schweigen verurteilt war, floss die Verbitterung erneut wie Gift in ihr Herz. Sie stand wie eine undurchdringbare Mauer zwischen ihr, Gott und Arnold. So gütig und liebevoll ihr Mann auch immer zu ihr war, wenn er spürte, dass Verzagtheit oder Bitterkeit ihr Herz erfasste, wurde sein Blick ernst. Er gab keine Ruhe, bis sie dieses tückische Gift wieder losgeworden war und sich von aller Schwermut abkeh- ren konnte.
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