Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

208 Ihre Gedanken überschlugen sich beinahe: Jetzt ist es soweit! Noldi kommt und holt mich hier heraus. Er lebt! Morgen kommt er. Wie er wohl aussieht? Wird er erschrecken, wenn er mich sieht und merkt, dass ich keine Zunge mehr habe? Was würde Magdalena zu alldem sagen, und weshalb ist sie wohl schon länger nicht mehr gekommen? Werde ich die liebe Schwester überhaupt noch einmal wiedersehen? Wird die Flucht diesmal gelingen, oder …? – Oh, Vater im Himmel! Ihre Gedanken gingen in ein inniges Gebet über … Oh, verletzt? Arnold trat aus dem Schatten des Refektoriums und verharrte dort eine Weile. Sein Blick glitt über den westlichen Hof und blieb dann an der gegenüberliegenden Seite des Klostertraktes hängen. Eine unauffällige Gasse befand sich zwischen der Küche und den Vorratshäusern. Um diese Abendstunde verliess kein Mönch mehr das Kloster. Wollte Arnold keine Aufmerksamkeit erregen, dann musste er sich durch die schmale Pforte nach draussen stehlen. Er wollte zum Wald, denn dort würde er heute endlich Dany wiedersehen. Er zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht und überquerte eilig den leeren Hof. Seine Schritte hallten furchtbar laut in seinen Ohren. Als er gerade die Ställe passierte, trat Bruder Robertus aus einem Ein- gang und versperrte ihm den Weg. „Einen gesegneten Abend wünsche ich Euch, Bruder Arnold“, grüsste ihn der Mönch leutselig. Arnold nickte ihm flüchtig zu und wollte weitergehen. Doch Bruder Robertus hatte schon nach seinem Arm gegriffen und hielt ihn fest. Arnolds Atem stockte für eine Sekunde. „Habt Ihr schon gehört, dass es heute wieder Unruhen gab? Ein habsburgischer Söldner ist bei einer Wirtshausprügelei zu Tode gekommen. Bei dem, was dieser Tage im Volk los ist, erscheint der Vorfall sehr verdächtig.“ Er schüttelte betrübt den Kopf.

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