Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

202 „Was hast du hier gemacht?“ Schnell verdeckte Arnold die Verletzung. „Ich bin mit dem Mes- ser ausgerutscht.“ Er versuchte überzeugend zu klingen, doch Waldes nahm die Lüge wahr und schüttelte betrübt den Kopf. „Die Liebe glaubt alles. Wenn ich dir doch nur glauben könnte … So viele Jahre unterweise ich dich in den Wegen des Herrn.“ Er legte die Hände auf sein Herz. „Du bist mir das Liebste, das ich auf dieser Welt habe.“ Arnold blickte seinem Lehrer offen ins Gesicht. Auch er emp- fand eine tiefe Zuneigung zu seinem Lehrer. Mit aller Aufrichtigkeit sagte er: „Kein Sohn hat je mehr Liebe empfangen wie ich sie von dir. Ich wünschte, ich wäre dir ein besserer Sohn – einer, der das umsetzen kann, was du mich so treu gelehrt hast.“ Verzweiflung mischte sich in seine Stimme. „Aber es fehlt mir einfach die Kraft, es deinem Sinn gemäss um- zusetzen.“ Pater Waldes nickte verständnisvoll. Er setzte sich neben Arnold auf die Mauer des Säulenganges. „Da hast du wohl Recht. Du brauchst die Kraft des Heiligen Geistes. Aus den Heiligen Schriften entnehme ich, dass du der echten Glaubenstaufe und der Gabe des Heiligen Geistes noch entbehrst. Wenn du möchtest, können wir gerne einmal dar- über sprechen.“ Arnold schüttelte resigniert den Kopf. Er sprang auf und lief un- ruhig umher. Schliesslich brach es aus ihm heraus: „Mir bewegt sich einfach zu wenig. Seit Jahren versprichst du mir, dass die Errettung kom- men wird – und Anneli?“ Arnold ballte die Fäuste. „Noch immer sitzt sie dort drüben im Turm.“ Er streckte seinen Arm in die Richtung des Turmes. „Verzeih mir Vater, aber ich vermisse sie. Ich weiss ja noch nicht einmal, wie es ihr geht.“ Seine Stimme bebte.

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