Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

192 „Wirklich nicht? Aber diese Geschichte pfeifen doch seit Jahr- hunderten die Spatzen von den Dächern. Wie begründete denn der Römische Senat doch nochmal die unerlässliche Berechtigung der Bordelle, als Papst Paul dieselben abzuschaffen versuchte?“ Friedrich trat bedrohlich näher. „Öhm … der Römische Senat behauptete, ja hm …, die Bordelle seien unerlässlich für die …Männerwelt.“ „Für welche Männerwelt?“ „Für die pfh... ph... priesterliche … All die Senatoren behaupte- ten, Bordelle seien das einzige Mittel, die Priester zu bewahren vor der Verführung von Frauen und Töchtern.“ Abt Johann spreizte seine Finger und tippte deren Spitzen verle- gen aneinander. Sein Lächeln war leicht säuerlich. „So, behaupteten sie das? War das wirklich nur eine Behauptung?“ Die Stimme des Königs schwoll an: „Jedermann weiss doch, dass die sogenannte „Heilige Stadt“ mit ihren bescheidenen hundert- tausend Einwohnern über sechshundert Huren beherbergte. Was aber schlimmer war – was fand man denn, als man den grossen Fischteich neben dem Kloster aushob?“ Abt Johann räusperte sich nochmals, diesmal länger … „Ein paar, hm, Knochen … vielleicht ein paar Säuglingsschädel, es … na, eine frühere … eine frühere Kindergrabstätte.“ Der Klostervorsteher fand, dass ihm da wirklich eine gelungene Aus- rede eingefallen war. Jetzt aber entflammte der Zorn Friedrichs des Schönen. Er trat ganz nahe heran. Sein stechender Blick durchbohrte den Mönch. „Warum plötzlich so oberflächlich bescheiden? Mehr als sechs- tausend Säuglingsschädel waren es, mein Freund!“ Er bohrte seinen Zeigfinger mehrmals in die Schulter des Abtes, der er- schrocken zurückwich. „Sechstausend Säuglinge, sechstausend Bastarde, gezeugt von Mönchen, geboren von Nonnen! Welches Fegefeuer, welcher Ablasspreis kann diese Gräuel jemals sühnen??“

RkJQdWJsaXNoZXIy MTY5NDM=