Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
190 Atemlose Stille erfüllte den Raum. Die Wangen der Königin röteten sich: „Ja, bist du denn von allen guten Geistern verlas- sen? Verschenkt? All die guten Weideflächen? All dies kostbare Land – dem Abt? Dem Kloster? Und was ist mit mir? Kümmert es dich nicht, wenn ich vor deinen Augen verarme?“ „Jetzt hör mir doch mal zu.“ Der König schaute seiner Frau mit festem Blick in die Augen. „Ich habe dies einzig aus strategischen Gründen getan. Du weisst, dass wir die ganzen Ländereien nicht wirklich in unserem Besitz haben.“ Der König schritt um seine Gattin herum, die ihm mit ihren Blicken aufmerksam folgte: „Was nützen uns die ganzen Ländereien, wenn das Volk allerorts in Doppelverträgen lebt? Auf diese Weise aber wird der geldgie- rige Abt hohe Zölle eintreiben, und es wird zu Streit und Auf- ständen kommen. Und gerade diese geben mir den Anlass zum Eingriff und … zur berechtigten Eroberung.“ Der König liess sich befriedigt in einen der gepolsterten Sessel fallen. Er war selbst überrascht, was für eine glänzende Idee ihm während des Redens gekommen war. Elisabeth kam auf ihn zu und streichelte ihm über die Wange: „Ich staune, was da wieder aus dir herauskommt.“ Mit einem süffisanten Lächeln zupfte sie aus dem Kopfputz Friedrichs eine Feder und wickelte sie um den Finger: „Wenn es natürlich so ist …“ Sie blies die Feder weg und neigte ihr Haupt vertraulich vor: „… rede doch mal mit Ludwig dem Bayern. Als kürzlich der Name des Abts genannt wurde, zuckten in seinen sonst so gütigen Augen mit einem Mal Blitze des Hasses und der Verachtung.“ Elisabeth warf ihrem Mann einen verschwörerischen Blick zu: „Er scheint etwas über den Abt zu wissen, was du nicht weisst.“ Friedrichs Augen erhellten sich. „Ludwig der Bayer! Morgen werde ich ihm einen Besuch abstatten.“ Könnte es sein, dass seine Rache schneller gestillt werden konnte, als er gedachte hatte? Der verheissungsvolle Blick seiner Gattin weckte in ihm die Vorahnung eines sich nahenden Triumphes.
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