Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
188 In Arnold wirkte Ludwigs Rede nach. In ihm tobte ein Kampf der unterschiedlichsten Gefühle. So hatte er ihren Freiheits- kampf noch nie gesehen, und er wusste noch nicht, was er davon halten sollte. Er spürte, dass dieser Mann es ehrlich meinte, doch fiel es ihm schwer, sich seiner Sichtweise anzuschliessen. Zö- gernd streckte er die Hände über Ludwigs Haupt aus, doch zog er sie jäh wieder zurück. War er denn berechtigt, solch einen gottesfürchtigen Mann zu segnen? Er spürte jedoch, wie viel Ludwig an diesem Segen lag. Arnold schloss die Augen. Er wollte diesem Mann aufrichtig den Segen Gottes mitgeben. Er schickte ein Stossgebet zum Himmel: Herr, auch wenn ich nicht würdig bin, segne diesen Mann. Dann legte er Ludwig die Hände auf sein Haupt und sprach den priesterlichen Segen. Im Palast Friedrichs des Schönen Der festlich geschmückte Saal im Gutensteiner Schloss war vol- ler Gäste. Die Tische waren mit rotem Samt überzogen. Darauf standen silberne Platten, gefüllt mit Bratenstücken von Wild und Rindfleisch. Bronzene Schüsseln mit mundgerecht zuge- schnittenen Früchten und Körbe voll gebackener Weissbrot- scheiben standen bereit. Diener drängten sich durch die Menge und waren bemüht, die leeren Weinkelche der Gäste wieder aufzufüllen. Ritter, Fürsten, Königstöchter standen in kleinen Gruppen zusammen und erhoben feierlich ihre Gläser: „Auf das Wohl unseres Königs! Friedrich möge ewig leben!“ Auch seine Gemahlin Elisabeth erhob ihren Becher: „Friedrich – mein König.“ Friedrich betrachtete seine Frau. Sie sah heute besonders anmu- tig und schön aus. Ihre Haare waren zu einem langen Zopf ge- flochten, der bis weit über die Hüften hinunterreichte. Das Ge- sicht schmückten zwei aufgesteckte, zu Schnecken geformte
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