Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
184 Ludwig zog einen samtenen Geldbeutel hervor und griff ein ein- zelnes Goldstück heraus. Er begann mit dem Abt und liess das Geld in seinen Mund fallen. Abt Johann stiess einen freudigen Ausruf aus und prüfte umgehend das Gold auf seine Echtheit. Sichtlich erfreut liess er es in seinem Geldbeutel verschwinden. Ludwig schritt von einem Mönch zum nächsten und füllte jedem den Mund mit einem Goldstück. Der Abt war begeistert von Ludwigs Einlage und schlich sich an das andere Ende der Reihe, um sich nochmals mit geöffnetem Mund anzustellen. Ludwig kam zum letzten Mönch und steckte ihm das Gold in den Mund. Arnold spürte das Metall in seinem Mund, und Ekel erfasste ihn. Niemals würde er sich kaufen lassen, auch nicht von einem König! Sein Gesicht verzog sich angewidert, und er spuckte im hohen Bogen den Taler aus. Die Brüder zuckten zusammen. Wie konnte Bruder Arnold so etwas wagen? „Wie ehr- und achtungslos, das Geschenk des Königs zu miss- achten!“, rief Abt Johann. „Verzeiht diese grosse Sünde, Majestät. Ich bin empört!“ Gierig kroch er auf den Knien dem rollenden Taler nach. „Warum denn Sünde?“ Ludwig war erstaunt. „Ihn habe ich mir erwählt.“ Arnold erstarrte. Erschrocken blickte der Abt vom Boden auf. „Wozu erwählt?“ Ludwig kniete neben dem Abt nieder und blickte ihm voll Ver- achtung ins Gesicht. „Im Gegensatz zu Euch findet dieser keinen Geschmack am ver- gänglichen Wert des Goldes.“ Während er sich aufrichtete, zog er eine weitere Münze aus seinem Beutel und warf sie dem Abt hin, der unverzüglich nach ihr griff. „Und da er mir dies so furchtlos bezeugt, erweist er sich zwei- fach als wahrhaftiger Diener Christi“, fuhr Ludwig fort. „Er
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