Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
176 „Ich habe euch rufen lassen, um euch nach Altväter Sitte ord- nungsgemäss in euren Dienst einsegnen zu lassen. Nur muss ich euch leider mitteilen, dass aus dem Papst-Segen nichts wird.“ „Geht es um den Streit der beiden Päpste?“ Friedrich klang ge- spielt neugierig. „Man sagt, die Waldstätter halten sich nur noch an den Papst in Rom und die Habsburger nur noch an den von Avignon.“ „Ja, ja, sie liegen wieder einmal in hartem Konkurrenzkampf um ihre Anhänger. Dabei scheuen sie sich nicht, in aller Öffentlich- keit nicht nur die Anhänger, sondern gar sich selber gegenseitig zu exkommunizieren. Ohne Papst können wir viel Unruhe in unserem Land vermeiden. Dazu könnten unter dem Volk Zwei- fel an Gott und vor allem am Unfehlbarkeitsdogma aufkommen. All dies wäre uns nicht nützlich.“ Ludwig liess nun seine höfliche Zurückhaltung fallen und misch- te sich in das Gespräch der Brüder ein: „Aber wer sonst könnte uns den Segen zum königlichen Amt spenden?“ Leopold machte eine dramaturgische Pause und zog beide Au- genbrauen mit einem süffisanten Lächeln in die Höhe: „Der Abt Johann vom Kloster Marienhorn soll euch den Segen sprechen. Ich habe schon mit ihm darüber verhandelt. Das kos- tet uns zwar beinahe mehr Geld, als die Päpste es fordern, aber dafür können wir die Sache kurzerhand unter uns, im kleinen Kreis, abwickeln. Doch eines hat uns der Abt zur Bedingung gemacht.“ Friedrichs Echo liess nicht auf sich warten: „Seit wann stellt ein Abt Bedingungen an Könige?“ „Nun ja, er fordert eben vor dem Segnungsritual eine Beichte, sonst kann er den Segen nicht spenden.“ Ludwig zog jetzt wieder die Augenbrauen zusammen. Friedrichs Stöhnen klang ausnahmsweise einmal nicht gespielt. König Leo- polds aufmunterndes Schulterklopfen war ein äusserst schwa- cher Trost für seine neuen Mitregenten.
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