Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

175 „Aber Euer Majestät, was redet Ihr hier?! Das Volk würde mich steinigen!“ Das Entsetzen Ludwigs klang ehrlich. Nun war ihm die ganze Verderbtheit des Königs klar geworden. Er selber war nur eine Schachfigur auf dessen Spielbrett, nicht mehr als ein probates Mittel zum Zweck. „Pah, das Volk! Der Pöbel glaubt immer nur, was man ihm vor- setzt. Sag ihm einfach, Friedrich wollte um des Landes willen seinen eigenen Bruder, Leopold, töten.“ Der König liess seinen Gesprächspartner nun los und trat mit prüfendem Blick einen halben Schritt zurück: „Haben wir uns nun in allem verstanden?“ Von aussen näherten sich schnelle Schritte. Ludwig nickte zö- gernd, obwohl ihm keinesfalls nach Einverständnis zumute war. Wieder pochte der Marschallstab dreimal auf das Parkett, und der Herold rief in den Empfangssalon: „Eure Majestät, Euer Bruder, Friedrich der Schöne, ist soeben eingetroffen.“ Schön – falls das Attribut überhaupt zu dem eitlen Adligen passte – war an Friedrich vor allem sein prunkvolles Gewand. Er trug den Kopf stolz im Nacken und hatte ein breites Grinsen aufgesetzt, das überlegen wirken sollte. Bei Leopolds ersten Begrüssungsworten zog es Ludwig dem Bayern den Magen zusammen, so heuchlerisch klangen sie plötz- lich in seinen Ohren. Er erinnerte sich mit Schaudern, dass der König ihn im gleichen Tonfall empfangen hatte. „Mein geliebter Friedrich, welch ein Tag, welch eine Stunde! Wenn sie doch der selige Rudolf von Habsburg noch miterlebt hätte.“ Er hakte Friedrich mit dem rechten und Ludwig mit dem linken Arm unter und schlenderte mit ihnen durch den Salon.

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