Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
173 Mann ihr schon mehr als blosse Achtung abgewinnen konnte. Aber dann ging ein Ruck durch ihren Körper. „Doch dein Bruder – nie! Du würdest Kopf und Kragen riskie- ren mit ihm!“ „Aber nicht, wenn Friedrichs Kopf vor dem meinen rollt. Still jetzt – es scheint so, als sei einer von beiden schon eingetroffen.“ Sein ernster und vielsagender Blick kreuzte den seiner Frau, als der Hofmarschall mit seinem Stab dreimal auf den Boden pochte: „Fürst Ludwig der Bayer ist soeben angekommen.“ „Bald wird er ihn nicht mehr mit ‚Fürst’, sondern mit ‚König’ ansprechen.“ Leopold war hoch erfreut, dass er den Bayern statt seines Bruders Friedrichs als Ersten begrüssen konnte. „Ludwig, mein lieber Freund, du weisst, warum ich dich habe rufen lassen?“ „Dein Angebot einer Mitregentschaft ist mir eine grosse Ehre. Und ich will gerne darüber nachdenken.“ Ludwig runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen zusammen. „Was heisst hier ‚nachdenken’? Ich habe dich und Friedrich rufen lassen, um die letzten Details eurer Einsetzung mit euch zu be- sprechen. Da kann es kein Zurück mehr geben.“ Viktoria beobachtete Ludwig während der ganzen Zeit aufmerk- sam, und sie bemerkte, dass ihm die Situation äusserst unange- nehm war. „Ich werde mein Bestes tun.“ Das Lächeln des Bayern wirkte säuerlich. Offensichtlich wäre ihm eine ausgiebige Bedenkzeit mehr als lieb gewesen. Zu undurchsichtig waren Leopolds Pläne in seinen Augen. Sein königlicher Gesprächspartner legte ihm den Arm um die Schulter und ging mit ihm auf und ab. Der Tonfall wurde jetzt eindringlicher: „Bitte hör mir zu, mein lieber Ludwig! Wie du weisst, trau ich dir mehr als meinem leiblichen Bruder. Du weisst aber auch, wie ländergierig er ist. Darum empfehle ich dir schon jetzt, gut
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