Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

164 um das Zeugnis seiner Unachtsamkeit wegzukratzen. Wieder setzte er an, um den nächsten Buchstaben mit gewissenhafter Präzision zu schreiben. Der Satz lag ihm schwer im Magen. Er gefiel ihm nicht. Er gab ihm das Gefühl, dass der ganze Orden schon auf Heuchelei ge- gründet worden war. Bestand denn eine Möglichkeit, dieses gan- ze Laster einzudämmen, wenn es schon seit je so gewesen war? Erbitterung stieg in ihm auf. Bevor er weiter darüber nachden- ken konnte, verdunkelte ein Schatten seine Sicht. „Bruder Arnold? Der Armarius 1 schickt mich.“ Ein Mönch stand vor seinem Pult und hielt ihm ein Säckchen hin. „Er braucht Eisen- vitriol zur Tintenherstellung. Du sollst ins Dorf zur Schmiede gehen. Der Schmied hat welches vorrätig.“ Widerwillig legte Arnold die Feder beiseite. Einer Anweisung war Folge zu leisten. Er nickte dem Mönch zu und ergriff das Leinensäckchen. Unter dem Volk Bisher war er selten ins Dorf geschickt worden. Die Mönche hatten nur in Ausnahmefällen das Kloster zu verlassen. Dank der Seitenpforte wusste er, wie man auch ohne Genehmi- gung den Weg in die Freiheit finden konnte. Es fühlte sich je- doch wesentlich angenehmer an, sich einmal nicht verstecken zu müssen vor den Menschen, die einem begegneten. So schlenderte Arnold zum Dorf und genoss den langen Fuss- marsch. Die Sonne stand kurz vor Nona , als er die Schmiede er- reichte. Er betrat den offenen Stall, in dem der Schmied und sein Gehilfe ihrem Handwerk nachgingen, und rief ihnen grüssend zu: „Gratia vobis et pax.“ 1 Bibliothekar

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