Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
161 „Dann sollt ihr in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Doch sollt ihr wissen, dass ihr von diesem Tag an, nach dem Gesetz der Regel, weder das Kloster verlassen noch das Joch der Regel von eurem Nacken abschütteln dürft.“ Pater Waldes gab ein Handzeichen, und die Novizen hoben zu ihrem Gelübde an. „Vor Gott und Seinen Heiligen geloben wir Beständigkeit, klös- terlichen Lebenswandel und Gehorsam.“ Sie mussten ein Schriftstück über ihr Gelöbnis auf die Namen der Heiligen und des Abtes verfassen und ihr Zeichen daruntersetzen. Arnold unterschrieb seine Urkunde und legte sie, wie die ande- ren auch, auf dem Altar ab. Anschliessend gingen sie in ihre Reihe zurück, und Arnold stimmte mit ein in die Worte: „Nimm mich auf, Herr, nach Deinem Worte, und ich werde leben; lass mich in meiner Hoffnung nicht scheitern.“ Dreimal mussten sie es aufsagen und mit einem „Ehre sei dem Vater!“ schliessen. Nun folgte der Teil, den Arnold am meisten gefürchtet hatte. Ein jeder der neu Eingesegneten musste sich nun vor jedem Mönch auf den Boden werfen und um dessen Gebet bitten. Arnold schluckte seinen Stolz und Zorn herunter. Vor der letzten Hürde würde er nicht scheitern. Mittlerweile war er ein Meister darin geworden, seine Gefühle von seinen Taten abzuspalten. So ruhten auch in diesem Moment seine Gedanken ganz woan- ders – nämlich in einem beengten Turmzimmer – als er mit dem eisernen Vorsatz der Vergeltung vor jedem Mönch zu Boden fiel und bat: „Bete für mich, Bruder.“ Klostermorgen Die Glocken riefen zur Laudes. Der Mond schien noch durch die Fenster des Schlafsaales. Arnold streckte sich auf seinem Bett aus. Nach all den Jahren vermisste er immer noch seine alte Kammer über den Ställen. Dort waren die Gerüche und Geräu-
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